Der Hund muss auf die Couch: So arbeiten Tierpsychologen
Ein Hund darf nie von der Leine, weil er sonst wegläuft. Ein anderer rastet aus, sobald es an der Wohnungstür klingelt. Es gibt viele Gründe, warum verzweifelte Hundebesitzer sich an Tierpsychologen wenden.
„Es geht immer um Anpassungsprobleme an die Umwelt. Ob wir gerufen werden, hängt davon ab, wie groß der Leidensdruck beim Besitzer ist“, erklärt die Tierpsychologin Janine Hagedorn aus Erlangen.
So ist es für den einen gar kein Problem, wenn sein Tier zum Beispiel nicht alleine zu Hause bleibt – er kann den Hund immer mitnehmen. Für andere Besitzer ist ein solches Verhalten eine Katastrophe: Bei ihm muss der Hund daheimbleiben. Das Tier bellt aber stundenlang so laut, dass sich die Nachbarn beschweren.
„Beim Psychologen werden hauptsächlich Hunde behandelt“, erzählt Monika Addy, Leiterin des Deutschen Instituts für Tierpsychologie & Tiernaturheilkunde (DIFT) in Lünen. Der Psychologe kommt meist ins Haus und sieht sich den Hund in dessen gewohnter Umgebung an. Der Besitzer wird ausführlich befragt. Seit wann benimmt sich der Hund so auffällig? Ist in dieser Zeit etwas Besonderes passiert? Seit wann ist er in der Familie?
Und auch der Besitzer wird beobachtet, nicht nur im direkten Umgang mit seinem Tier. „Hunde spiegeln viel von ihrem Menschen wider. Oft ist den Besitzern gar nicht klar, was alles Einfluss auf das Tier hat“, sagt die Tierpsychologin Hagedorn. So mögen Hunde zum Beispiel Routinen. Ein großer Einschnitt für ein Tier ist auch eine Trennung: Wenn ein Familienmitglied plötzlich nicht mehr da ist, versteht es die Welt nicht mehr.
Doch die Probleme können schon beim Kauf des Hundes anfangen – wenn der künftige Besitzer nicht genügend darauf achtet, ob er die Bedürfnisse des Tieres überhaupt erfüllen kann. So reichen etwa einem Jagdhund normale Spaziergänge auf Dauer nicht. Und auch der als pflegeleicht geltende Labrador möchte gerne geistig und körperlich gefordert werden.
Natürlich spielen auch schlechte Erfahrungen eine Rolle. So gibt es Hunde, die eigentlich mit allen Artgenossen gut auskommen – nur auf bestimmte Rassen, Größen oder Fellfarben reagieren sie übel. Wurden sie zum Beispiel von einem Schäferhund mal gebissen, mögen sie alle Schäferhunde nicht mehr. „Hunde generalisieren sehr gerne“, sagt Hagedorn.
Nachdem der Tierpsychologe den Hintergrund des Problems erkannt hat, erarbeitet er einen Therapieplan. Die kurz- und langfristigen Ziele werden mit dem Hundebesitzer besprochen. Dann wird in winzigen Schritten versucht, das Verhalten des Tieres zu ändern.
Die Therapien sind nach Auskunft der Fachleute erfolgversprechend. Die Dauer variiert meist von einigen Wochen bis zu Monaten – sie hängt unter anderem von den Zielen ab und wie sehr sich das unerwünschte Verhalten schon festgesetzt hat. Nach Auskunft von Addy kostet eine Therapiestunde zwischen 50 und 80 Euro.
Das Problem bei der Suche nach einem Therapeuten: Es handelt sich nicht um einen anerkannten Beruf. „Das bedeutet, es gibt weder eine festgelegte Ausbildungsordnung noch staatlich anerkannte Ausbildungsstätten“, sagt Marius Tünte vom Deutschen Tierschutzbund in Bonn. Allerdings benötigen gewerblich arbeitende Hundepsychologen seit vergangenem Jahr eine Genehmigung des Veterinäramtes.
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